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Die Berlinerin ist erstmal Berlinerin. Danach ordnet sie sich den Ortsteilen zu oder den Kiezen. Nie den Bezirken. Sie sagt nicht: ich bin Pankowerin, wenn sie doch in Prenzlauer Berg wohnt. Sie sagt nicht, sie wohne in Zehlendorf, wenn es doch Wannsee ist. Bezirke sind eine reine Verwaltungseinheit, kein Identifikationsbegriff.

Aber gleich abschaffen?

Die Verwaltungseinheit „Bezirk“ soll Bürgernähe schaffen, aber sie stiftet nur Intransparenz, denn Bezirke sollen zwar den Kommunen entsprechen, sind also quasi eigene Städte, aber die Bezirksbürgermeister haben weniger zu sagen als jeder Bürgermeister einer anderen deutschen Kleinstadt. Das liegt daran, dass Berlin eben eine einzige Stadt ist und sich nicht erlauben kann, dass sich die Bezirke auseinander entwickeln. Deshalb ist ein Bezirk fast nie alleine für etwas zuständig. Und deshalb wird es für einen Bürger, der etwas von seiner Verwaltung will, schwierig. Fast jedes Anliegen wird auf mehreren Ebenen verhandelt, was zu dem Gefühl von Stillstand führt, das allerorten herrscht.

Ein zweites Problem ist die Politisierung des Bezirksamts. Die Stadtratsposten werden nach Parteien-Proporz verteilt, also nach den Stimmenverhältnissen in der Bezirksverordnetenversammlung, und jeder Stadtrat der Partei A versucht dem Stadtrat der Partei B so zu schaden, dass die Erfolgsmeldungen Stadtrat A zugeordnet werden und die Misserfolge Stadtrat B. B wiederum versucht das gleiche mit A.

Dabei haben weder Stadtrat A noch Stadtrat B wirklich etwas zu sagen. Alle wichtigen Themen müssen auf die Senatsebene oder in die sog. „Hauptverwaltung“.

Der Grund ist, dass in der Berliner Verfassung steht: „Die Bezirke erfüllen ihre Aufgaben nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung. Sie nehmen regelmäßig die örtlichen Verwaltungsaufgaben wahr.“ Da das praktisch nicht funktioniert, hat Berlin in einem Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz (AZG) die Kompetenzen so neu verteilt, dass dieser Grundsatz faktisch ausgehebelt wird. Im Ergebnis sind für fast alle Themen nun beide Verwaltungsebenen zuständig.

Was in Berlins AZG nur noch Kompetenzwirrwarr hervorruft, hat Hamburg, auch ein Stadtstaat wie Berlin, in seiner Verfassung juristisch schlicht so geregelt:

(1) In der Freien und Hansestadt Hamburg werden staatliche und gemeindliche Tätigkeit nicht getrennt.

(2) Durch Gesetz sind für Teilgebiete (Bezirke) Bezirksämter zu bilden, denen die selbstständige Erledigung übertragener Aufgaben obliegt. An der Aufgabenerledigung wirken die Bezirksversammlungen nach Maßgabe des Gesetzes mit.

Das bedeutet: Hamburg wird durch die Stadtverwaltung regiert. Die Bezirksämter, geleitet von Bezirksamtsleitern, bekommen durch Einzelgesetz oder Verordnung Aufgaben übertragen. Die Bezirksversammlungen sind beratend tätig und werden angehört. Entschieden wird aber – außer bei rein lokalen Entscheidungen im Rahmen eines geringen Budgets – immer auf der Ebene der Stadt.

Im BürgerBerlin wollen wir von Hamburg lernen und dessen Verwaltungsstruktur übernehmen.

Verabschieden dürfen wir uns dann von Bezirksbürgermeistern und Bezirksstadträten. Die Verwaltung aber bleibt vor Ort präsent, es ist dann die Verwaltung Berlins, nicht mehr die Verwaltung eines Bezirks, und das bedeutet, dass die Bürger endlich wieder direkten Kontakt zu einer Verwaltung haben, die etwas entscheiden kann. Das nennen wir Bürgernähe.