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Schauen wir doch mal ins Lexikon, was dort unter dem Stichwort „Verwaltungsreform in Berlin“ steht:

Im Online-Lexikon Wikipedia beginnt der Artikel zur Verwaltungsreform in Berlin mit dem Satz: „Die Verwaltungsreform in Berlin ist ein dynamischer Prozess.“

1991, kurz nach der Wiedervereinigung, gab es quasi von heute auf morgen doppelt so viele VerwaltungsmitarbeiterInnen wie nötig. Allein im unmittelbaren Landesdienst waren damals über 200.000 Menschen beschäftigt.

Die Dynamik der Verwaltungsreform hat 25 Jahre gebraucht, um eine Konsolidierung der Personalkosten zu erreichen. Die Zahl wurde bis 2008 auf 108.000 Stellen weitestgehend sozialverträglich reduziert. Seitdem sind einige Stellen dazugekommen. Aber mit Weitsicht hatte das alles sehr wenig zu tun.

Die Reduktion war notwendig, aber schon 2010 war bekannt, dass sich die Personalzahl ab 2017 bis 2021 um mehr als 25% allein durch Verrentung reduzieren würde (ca. 27.000 Mitarbeiter) und nicht genug Nachwuchs ausgebildet wurde oder wird.

Bis 2021 sind also ca. 27.000 Stellen der ausscheidenden Beschäftigten neu zu besetzen, darüber hinaus noch mindestens 5.000 neue Stellen allein in der Hauptverwaltung und den Bezirken, die für die wachsende Stadt Berlin in den nächsten 5 Jahren zusätzlich gebraucht werden. Zählt man die für die wachsende Stadt zusätzlich benötigten Stellen, z.B. in den Schulen und Kitas oder z.B. der Polizei u.a. öffentlichen Diensten, mit, sprechen viele davon, dass bis 2021 mindestens 20.000 zusätzliche Stellen geschaffen und besetzt werden müssen.

Wie die Leute angeworben und ausgebildet werden und wo sie in der sich wandelnden Verwaltung dann gebraucht werden, dazu will und kann heute kaum jemand etwas Konkretes sagen.

Diese Zahlen zeigen: Ein „Weiter so“ wird immer schwieriger. Die Berliner Verwaltung hat ihren Tiefpunkt erreicht. Dit is Berlin.

Ein kurzer Rückblick auf 25 Jahre Berliner Verwaltung zeigt, wie es NICHT weiter geht. Aber aus Fehlern kann man bekanntlich lernen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

1995 gab es eine grundlegene Verfassungsreform.  Die Verfassungsreform bewirkte eine Verkleinerung von Senat und Abgeordnetenhaus und eine Reduzierung der Bezirke von 23 auf 12. Gleichzeitig wurden Aufgaben der Hauptverwaltung in die Bezirke verlagert.

Im Juni 1995 wurde der neuen Berliner Verfassung vom Abgeordnetenhaus und im Oktober dann per Volksabstimmung zugestimmt.

2006 schreibt dazu der Rechnungshof In dem letzten Bericht zur Verwaltungsreform in Berlin auf Seite 45: Der auf der Grundlage des VGG eingeleitete Reformprozess ist in den Senatsverwaltungen bisher insgesamt sehr unbefriedigend verlaufen. Mehr als zehn Jahre seit Beginn der Reformen und sechs Jahre nach In-Kraft-Treten des VGG ist die Verwaltungsreform nur sehr eingeschränkt umgesetzt worden.

In den weiteren Schritten der Funktionsreform bis 2006 sollten z.B. Aufgaben der Verwaltung als Produkte definiert und eine Kosten- und Leistungsrechnung aufgebaut werden. Ämter und Abteilungen sollten z.B. zu Leistungs- und Verantwortungszentren werden, Innere Dienste wurden zu Serviceeinheiten umbenannt.

Vieles von der Funktionsreform beschränkte sich auf Namensänderungen.  Die Wirkung wird rückblickend sehr verhalten bewertet.

Daneben plante man noch eine Managementreform. Ob sie und wie sie wirkte, ist aus heutiger Sicht mehr als unklar.

Auf der Grundlage des Berichts der „Expertenkommission Staatsaufgabenkritik“ wurde die Neuordnungsagenda 2006 mit über 70 Modernisierungsprojekten unter dem Motto „Mehr Leistung – weniger Kosten“ aufgesetzt.

Auch weitere 10 Jahre Neuordnungsagenda waren mehr guter Wille. Vereinzelt gibt es positive Ansätze. Aber es bleibt bei der Grundhaltung: Haben wir nicht, kennen wir nicht, geht nicht.

Eine weitere Phase der Modernisierung der Berliner Verwaltung leitete der Senat 2007 mit dem Modernisierungsprogramm ServiceStadt Berlin  unter dem Motto „Mehr Service – bessere Qualität“ ein. Mit über 100 Projekten und Vorhaben soll der Zugang zu den Dienstleistungen erleichtert werden. Darüberhinaus sollen Verwaltungsprozesse vereinfacht werden.

Viele IT-Projekte wurden angeschoben und scheiterten zumeist, weil z.B. oft beim Start der Konzeptionsphase auf Technik gesetzt wird, die am Ende bei der Einführung bereits veraltet ist.

Der damalige Regierende Bürgermeister Wowereit, SPD, interessierte sich nicht für Verwaltungsreform. Bei der Berliner CDU wird bei Verwaltungsreform leider meist nur an mehr Polizisten gedacht. Für eine echte Reform fehlt es einfach an Interesse.

2008 hat das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) als Fortführung des Modernisierungsprogramms eine Studie über die Anforderungen an die Berliner Verwaltung 2016 erstellt. 2009 hat der Staatssekretärsausschuss zur Verwaltungsmodernisierung die Studie akzeptiert und verschiedene Folgeprojekte in Auftrag gegeben.

An Studien, Programmen und Vorhaben hat es nicht gefehlt.

Aber der Staatssekretärsausschuss  zur Verwaltungsmodernisierung scheint ähnlich funktioniert zu haben, wie der Aufsichtsrat des BER.

Die Wahlprogramme für 2016 bis 2021 zeigen beim Thema Verwaltung bislang wenig Dynamik.

Man will mehr Personal, wie und wo ist unklar.

Man will mehr Bürgerbeteiligung, wie und wo ist unklar.

Man will eine bessere IT-Struktur, wie und wo ist unklar.

Vielleicht hilft uns das neue Gefühl, dass in Berlin gerade wie vor 100 Jahren eine neue Zeit der Gründerjahre beginnt. In diesem Sinne sind Menschen gesucht mit mutigen Ideen für die Gründung einer neuen Bürgerverwaltung.